Unser Start in die interdisziplinäre Wohnungsforschung

Journal/Allgemein

Wie können wir das Wohnen erforschen? Welchen Zusammenhang sehen wir zwischen gesellschaftlicher Transformation und räumlicher Materialisierung des Wohnens? Mit diesen zentralen Fragen haben wir uns zum Auftakt unseres Graduiertenkollegs Anfang Oktober 2024 beschäftigt. In einer Programmwoche zum Projektstart sind alle beteiligten Mitglieder des Kollegs, Professor:innen, Promovierende und Postdoktorand:innen ein erstes Mal zusammengekommen, konnten sich und ihre Forschungsthemen zu interdisziplinärer Wohnungsforschung kennenlernen und in den Austausch miteinandertreten.

So ist es kein Zufall, dass unser Graduiertenkolleg gerade an den beiden Standorten Weimar und Frankfurt/Main angesiedelt ist. Nicht nur haben beide Städte eine lange Tradition wegbereitender Entwicklungen zur Wohnungsfrage, vor allem zeichnen sich beide Universitäten durch eine interdisziplinäre verankerte Wohnungsforschung und langjährige Kooperationsbeziehungen aus. Nun verbinden wir diese Zusammenarbeit in unserem Kolleg.

In einem vielseitigen Programm haben die Kollegiat:innen das universitäre wie urbane Umfeld des Graduiertenkollegs an der Bauhaus-Universität in Weimar und der Goethe-Universität Frankfurt/Main kennengelernt. Über Rundgänge und Stadtspaziergänge haben wir sowohl Einblicke in historische Entwicklungen um die Gründung des Bauhauses, den Reformsiedlungsbau und das Neue Bauen in Weimar als auch das Neue Frankfurt anhand der Carl-von-Weinberg-Siedlung im Frankfurter Westend bekommen. Ebenso diskutierten wir gegenwärtige Diskurse, so die umkämpften Nutzungspläne des Campus Bockenheim zwischen Universitätskultur, Leerstand und profitorientiertem Wohnungsbau und Stadtpolitik in Frankfurt. Eine Radtour hat uns zu aktuellen gemeinwohlorientierten und experimentellen Wohnprojekten durch Weimar geführt.

Als Auftakt für die Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartner:innen, griffen wir in zwei Abendveranstaltungen die enge Schnittstelle zwischen Forschung, Praxis und Transfer zu Wohnungsfragen auf. In den nächsten Jahren wollen wir uns mit Einrichtungen der Wohnungsversorgung und -verwaltung sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen vernetzen und Dialog- und Praxisformate gestalten.

In Weimar sprachen wir im Gemeinschaftshaus Weimar-West, an einem Ort, an dem tatsächlich gewohnt wird, mit der Klassik-Stiftung, Stiftung Baukultur und Bundesverband Wohnen und Stadtentwicklung (vhw) über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Wohnens. Alle drei Institutionen denken nach über das Bauen, prägen und gestalten in ihrer ganz eigenen Alltagspraktiken den Diskurs über Wohnen.

Journal 01 Graphic Recording Jana Kreisl
Graphic Recording von Jana Kreisl, sandruschka GmbH

In Frankfurt thematisierten wir Möglichkeiten und Herausforderungen angewandter kritischer Wohnungsforschung. Am Institut für Sozialforschung kamen wir mit unseren Kooperationspartnern dem IWU Darmstadt und der University for Applied Science Frankfurt zusammen. Wie können theoretische und methodische Ansätze in die Praxis umgesetzt werden? Wie kann mit Akteuren sozialer Bewegungen, marginalisierten Gruppen und zivilgesellschaftlichen Initiativen gemeinsam gearbeitet und geforscht werden und wie verändert das unser wissenschaftliches Arbeiten? Mit dem Wohnlabor wollen wir im Graduiertenkolleg neue Zugänge zu partizipativen und transformativen Projekten erproben.

Journal 01 Graphic Recording Nicole Luecking
Graphic Recording von Nicole Lücking, poasworld.de

Das Besondere an einem Graduiertenkolleg ist nun aber, dass es gerade nicht die Forschung von etablierten Wissenschaftler:innen ins Zentrum stellt, sondern die Forschung junger Kolleg:innen. So bildete das Kernstück unserer Auftaktwoche die Erarbeitung, Vorstellung und gemeinsame Diskussion der 12 Promotionsvorhaben anhand von Posterformaten, die auf Grundlage der zur Bewerbung im Graduiertenkolleg eingereichten Exposé basierten.