Wie bilden sich in Krisen- und Katastrophenszenarien spezifische Wohnutopien und Rückzugsarchitekturen heraus? Im Zentrum des Vortrags steht die Praxis des „Prepping“ – abgeleitet von ‚to be prepared.‘ Prepper rüsten ihr privates Heim oder Geheimversteck für die Apokalypse auf, häufig angespornt durch entsprechende Magazine und Filme. Untersucht wird bei der Reportage Inside Prepping eines Outdoorausrüstungsmagazins, welche Subjektivierungsweisen dem Prepping zugrunde liegen und wie Wohnen vorgestellt wird. Dies wird mit Zeitschriftenbeiträgen zum privaten Bunkerbau des Kalten Krieges und der TV-Dokuserie Doomsday Preppers verglichen und mit künstlerischen Auseinandersetzungen zum Thema diskutiert. Die Reportagen setzen Isolation und Individualisierung als Lösung voraus. Sie triggern sowohl die Lust an Endzeitfantasien als auch Angst und suggerieren, dass diese durch akribische Organisation und den Erwerb von Verteidigungsartikeln besiegt werden könne. Existenzielle Angstpotenziale setzen jedoch regressive Affektebenen frei, die Prozesse der (De-)zivilisation schleichend weiter nähren. Die Angst vor dem Kontrollverlust in der Apokalypse weckt eine Begehrlichkeit für die Zukunft neue Machtfantasien durchzuspielen. So werden in den Wohnarchitekturen des Überlebens grundlegende gesellschaftliche Spannungen zwischen sozialem Wandel und räumlicher Materialisierung sichtbar – und damit Fragen berührt, die auch jenseits des Ausnahmezustands für die Gestaltung künftiger Lebensräume zentral sind.
Mona Schieren ist sie Professorin für Transkulturelle Kunstwissenschaften an der Hochschule für Künste Bremen und ist dort im Binational Artistic PhD-Program der Hochschule tätig. Sie studierte Kunstgeschichte und Philosophie in Hamburg und Nizza, sowie an der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik. Aktuell forscht und publiziert sie zu sozialen und transkulturellen Bedingtheiten künstlerischer Produktion im globalen Kontext Entangled Histories of Art and Migration (2024) hg. zusammen mit Bublatzky/Dogramaci/Pinther, zu Geschichtspolitiken sowie zur Kulturgeschichte von Körpertechniken und zu somatischen Körperpraktiken trans-species and shapeshifting encounter. Lygia Clarks künstlerische Methode der Strukturierung des Selbst (2025). 2019 mündete ihr Ausstellungsprojekt im Bunker ‚Valentin‘ (zusammen mit Katrin von Maltzahn) in das gemeinsam herausgegebene Buch Re: BUNKER. Erinnerungskulturen – Analogien – Technoide Mentalitäten. Sie war ferner beteiligt am Schweizer Nationalfonds Forschungsprojekt Materialisierte Erinnerungen (in) der Landschaft der Zürcher Hochschule der Künste und ist im wissenschaftlichen Beitrat des Denkort Bunker ‚Valentin‘.
Veranstaltungsort: Marienstraße 13 (Hörsaal D), Weimar
digitale Teilnahme: BigBlueButton (Zugangscode: 98kbz7) https://meeting.uni-weimar.de/b/rooms/f2l-jnf-ajn-mfo/join